Die Geschichte der Bürgergarde Hechingen

Ein Streifzug durch die Geschichte der Hechinger Bürgergarde

Liebe und Treue zur Heimat, eine allzeit wache Bereitschaft für den Dienst an der Allgemeinheit, Kameradschaft und der wehrhafte Freiheitsgedanke – darin drückt sich das innere Wesen und Leben der Bürgermilizen aus, das wichtiger ist als die Uniform. Als Mittler von ihr zur Gegenwart wollen sie die vorzüglichsten Werte guter alter Tradition pflegen und die neue Zeit herübernehmen, unter der schon vor Jahrhunderten die Vorfahren der heutigen Wehren zum Schutz und zur Ehre der Heimat angetreten sind. Nur wenige erhalten gebliebene Urkunden aus einer schriftarmen Zeit können einen wirlichen Begriff geben von dem Leben in den alten Städten, ihrer Wehrhaftigkeit, ihrer Bürger, ihrer Bürgerwehren oder Bürgergarden. Die Schutz- und Trutzgarden der Städte waren meist nach dem Charakter der Zeit Schutz- oder Repräsentationsgarden. Im Jahre 1255 wird Hechingen urkundlich als Stadt erwähnt, somit war auch die Wehrgemeinschaft der Bürger notwendig gegen Raubgesindel und entlaufenes Kriegsvolk sowie zur Bekämpfung von Bränden, sie stellten also auch Wehrmänner. Der Landesherr, der Graf von Zollern, förderte diesen Zusammenschluß und machte ihr sogar zur Pflicht, niemals aber wurde die bewehrte Bürgerschaft für politische Zwecke eingesetzt. Sie war immer eine Schutzwehr für die Heimatstadt.

Ausrüstung der Bürger

Aus einer Beschreibung über das Jahrgericht aus dem Jahre 1579 der Stadt Hechingen geht hervor, welche Teile zur Wehrausrüstung zählten. Die neu aufgenommenen Bürger mußten sich dabei in folgender Ausrüstung zeigen: mit Harnisch, Sturmhaube, Hellebarde, Knöbel oder langem Spieß, Haken oder Rapier, die Schützen mit Muskete, Schützenröcklein und allem Zubehör. Offensichtlich waren die Bürger jener Zeit nicht minder bewaffnet als das Kriegsvolk der Fürsten. Nach dieser Beschreibung ist eine Zweiteilung der Bürgerwehr ersichtlich: eine Teil der Wehr war mit altüberkommenen Hieb- und Stoßwaffen nebst Rüstung, die andere mit der modernen Schießwaffe ausgerüstet. Im Zuge der Zeit wurde auch die Wehrhaftigkeit modernisiert und sie fand ihren Ausdruck in sogenannten Schützengesellschaften, welche jedoch keinen Vereinscharakter hatten. Auf Anordnung des Grafen mußten jeder Bürger einer Gesellschaft angehören und eine Büchste oder Armbrust besitzen, oder wenigsten einen Beitrag daran bezahlen, z. B. ältere Bürger. In Hechingen gab es zwei Schützengesellschaften nebeneinander: die Gesellschaft der Armbrustschützen, die nach dem Stahlbogen der Armbrust auch Bogen- oder Stahlgesellschaft hieß. Und die Gesellschaft der Zeitschützen, auch Büchsengesellschaft genannt. Die Armbrustschützen hatten um 1550 ihr Schützenhaus vor dem oberen Tor, um 1600 wurde es auf den Schützenwasen neben dem Hofgarten verlegt und zentralisiert. Dort baute die Stadt ein neues Schützenhaus »Zum Bogen« mit Schießbahn und Kugelfangmauer. Die Namen der Schützenbrücke und Gasthaus »Zum Schützen« erinnern heute noch daran.

Geschichtliche Auszüge aus der Chronik der Stadt Hechingen im Zusammenhang mit der Bürgerwehr!

1649 kam es zu Gewalttätigkeiten, als Besatzungssoldaten der Burg Hohenzollern Vieh von Hechinger Bürgern auf die Burg trieb. 60 gewehrte Bürger schritten gegen dieses Unrecht ein. 1701 geschlossen und wehrhaft traten die Hechinger Bürger im Streit um die Freie Pirsch auf, jenem inneren Verfassungsstreit im Hechinger Fürstentum, in dem es um alte Rechte und Freiheiten der Untertanen und dem Herrenrecht ging.

1751 erwähnt das Stadtgerichtsprotokoll ein Festmahl anläßlich der Geburt des Erbprinzen, bei dem eine Anzahl wohlexerzierter Bürger mit ihren Feuergewehren drei Slaven abgaben.

1757 Das Stadtgerichtsprotokoll erhält folgende Anweisung: Die Wache an den Toren (Ober- und Untertor) sollen mit Ober- und Untergewehr »ihre Pflicht gewissenhaft halten, da zu dieser unsicheren Kriegszeit viel Gesindel mit falschen Pässen käme. Auch solle präsentiert werden, wenn einer der fürstlichen Räte ein- und ausgehe«.

1779 enthält das städtische Audienzprotokoll eine ausführliche Schilderung des feierlichen Einzugs der Gräfin Antonie von Waldburg-Zeil-Wurzach, Braut des Grafen und nachmaligen Fürsten Hermann-Friedrich-Otto.

Es heißt darin, die Bürgerschaft habe eine Parade von Reiterei und Fußvolk in fünf Kompanien veranstaltet.

Auch ist das Fürstliche Militär Kontigent zu Fuß unter Hauptmann Hövel erwähnt.

1797 Auch bei Trauerfällen mußte die Bürgerwehr, die sich inzwischen durch Repräsentation zur Bürgergarde gemausert hatte, ihr Erscheinen bekunden. So auch am 28. Juli, als abends um 8 Uhr die Beisetzung der Fürstinwitwe Maria-Antonia von Fürstenberg-Stühlingen, einer Tochter des Fürsten von Hohenzollern-Hechingen in der Stiftskirche unter großer Anteilnahme stattfand.

1826 Erst anläßlich eines erfreulichen Ereignisses, bei der Vermählung des Erbprinzen Friedrich-Wilhelm Konstantin von Hohenzollern-Hechingen mit Prinzessin Eugenie von Leuchtenberg und Eichstätt hören wir wieder vom Auftreten einer Bürgergarde. Am Eingang zur Stadt in der Herrenackerstraße habe eine Bürgergarde zu Fuß und zu Pferde neben berittenen Förstern die Neuvermählten begrüßt, die dann nach Schloß Lindich fuhren.

Die Hechinger Bürgergarde war damals ähnlich uniformiert wie das Militär. Der Einzug des Erbprinzenpaars war das letzte Ereignis, bei dem mitzuwirken sie Gelegenheit hatte. Danach kann man aus Aufzeichnungen entnehmen, daß die Bürgergarde bis in die Revolutionsjahre 1848/49 nicht mehr bestand.

Die Bürgerwehr der Jahre 1848 bis 1850

Der Revolutionssturm erreichte im Frühjahr 1848 auch das Fürstentum Hohenzollern-Hechingen. Am 11. März zog die Landbevolkerung mit bewaffneter Hand zur Residenz nach Hechingen, um vom Fürsten die Bewilligung auf Abschaffung aller feudalen Rechte zur erzwingen. Nur dem Geleit Hechinger Bürger hatte es der Fürst zu verdanken, daß die tobende Menge gezügelt werden konnte. Nach der Ausrufung der Republik in Frankreich befürchtete man in Süddeutschland einen französischen Angriffskrieg. Die Volksbewaffnung, zu der es in diesen unruhigen Tagen spontan kam, war damals eine der Forderungen der revolutionären Zeitbewegung in den beiden hohenzollerischen Fürstentümern. Am 28. März erließ die fürstliche Regierung eine provisorische Verfügung zur Durchführung der Volksbewaffnung. Die Stadtchronik verzeichnet im März eine Anzahl alter Soldaten, die in einer Bürgerwehr zusammen den Wachdienst taten. Die Bildung einer Bürgerwehr in Bataillonsstärke unter Anleitung des Hauptmanns Werner vom fürstlichen Militär wurde am 26. März vollzogen. Sie bestand aus 400-500 Mann oder aus vier Kompanien mit je drei Offizieren. Bataillonskommandeur war der Zimmermann Gebhard Hecht, Adjutant des Regierungsdirektors von Wangenheim. Später übernahm der Hofmarschall des Fürsten Baron von Crousaz das Kommando. Er war Oberschützenmeister des Hechinger Schützenvereins und Gründer der Freiwilligen Feuerwehr sowie der kleinen Garde. Als Hauptleute sind verzeichnet: Stadtschultheiß Ruff, Zeitungsverleger Ribler und Zimmermann Hecht.

Die Offiziere, die Unterführer und der Verwaltungsrat des Bataillons wurden von den Mannschaften gewählt. Letzterer bestand aus dem Hauptmann Gustav Ruff, den Unterführern Friedrich Mutschler und Graf Billion sowie aus den Vertretern der vier Kompanien, den Wehrmännern, Domänenrat Ruff, Justizrat Oberamtmann Werner, Sekretär Lorch und Kaufmann Adolf Uri. Die Bürgerwehr war demnach demokratisch aufgebaut und bestellte ihre Führer selbst.

Die Bürgerwehr trat zur Exerzieren jeden Tag im Gewann Eierle beim Stutenhof während der ersten Monate an. Später wurde zweimal wöchentlich in der Reitbahn beim Zwingel exerziert. Am Martinsberg wurden dann nur noch sonntags die Übungen abgehalten. Instruktor war der damalige Sergeant des fürstlichen Militärs und spätere Lammwirt Benedikt Basso.

Die erste Kompanie war mit Musketen ausgerüstet und bildete das »Feuerpiquet« zur Bekämpfung von etwaigen Bränden.

Jede Nacht war eine Abteilung zum Wachpatrouillendienst abkommandiert. Auf Befehl des Fürsten wurde eine eigene Musik (Janitscharenmusik, d. h. Blechmusik) bestellt unter Kammermusikus Wichtel von der Fürstlichen Hofkapelle. Er kompnierte einen eigenen Bürgerwehrmarsch. Die Noten dazu sind leider verschollen.

Die Uniform der Bürgerwehr Hechingen wird im Verordnungs- und Anzeigenblatt für das Fürstentum Hechingen beschriegen:

Kopfbedeckung: grauer Schlapphut mit aufgeschlagener Krempe, obere Kokarde in den drei Reichsfarben, die untere in den Landesfarben.

Hosen: Paspelierung

Offiziere trugen noch Schärpen in den Nationalfarben!

Fahne: Jedes Bürgerwehrbataillon hatte eine schwarz-rot-gelbe Fahne mit den Landeswappen zu führen nach einer Verordnung des Fürsten und einer vom Volk gewählten Landesdeputation.

Bewaffnung: Offiziere trugen einen Säbel, Unterführer sowie Wehrmann Muskete mit Bajonett und Patronentasche, Seitengewehr!

Weiter gehörten Trommeln und Signalhörner zur Ausrüstung der Wehr.

Das Bürgerwehrbataillon nahm als Repräsentant der Bürgerschaft verschiedentlich an patriotischen Feierlichkeiten teil:

15. Mai 1848: Abschiedskundgebung des Abgeordneten Pfarrer Josef Blumenstetter vom Fürstentum Hohenzollern-Hechingen zur Deutschen Nationalversammlung bei seiner Abreise nach Frankfurt.

15. Juli: feierte Erzherzog Johann seine Wahl zum Reichsverweser mit einem Zapfenstreich der Bürgerwehrmusik und einem Festgottesdienst.

6. August: huldigte es dem Reichsoberhaupt nach einer Messe in der Klosterkirche in Stetten und einem Festakt auf dem Schloßplatz.

16. August: stellte sich die Bürgerwehr vor der Villa Eugenia auf zur Verabschiedung des Fürsten, der sich auf seine schlesischen Besitzungen zurückzog.

7. September: marschierten sie nach Balingen zur Fahnenweihe der dortigen Bürgerwehr.

Aus dem Jahre 1849 liegen nur wenige Erwähnungen der Bürgerwehr in der Chronik vor.

Februar 1849: Der Reichstagsabgeordnete Georg Baum wird zu Grabe getragen.

27. Mai: Die Wehr wird auf die neue Reichsverfassung vereidigt.

Dann hören wir nichts mehr von der Bürgerwehr!

Die Revolution in Hohenzollern endet bekanntlich mit der Übergabe beider Fürstentümer an Preußen, dessen Truppen schon vorher, am 6. August 1849, in Hechingen einmarschierten. Im Frühjahr 1850 nahm Preußen von seinem neuen Landesteil Besitz. Einer Bürgerwehr bedurfte es fortan nicht mehr.

Die inaktive Bürgerwehr-Kompanie

Zu einem kurzzeitigen Aufleben der Bürgergarde kam es im Jahre 1905, angeregt durch die Vereinigung zur Erhaltung alter Volkssitten. Sie war 20 Mann stark und bestand aus angesehenen Hechinger Bürgern. Ihre Uniformierung entsprach derjenigen der früheren Bürgergarde bzw. des hohenzollerischen Bataillons. Der letzte Kompanie-Befehl vom Jahre 1906 ist noch unter den erhaltenen Akten aus dieser Zeit.

Die neue Bürgergarde

Heimatliebe, Bürgersinn und der Wille zur Mitarbeit bei der Gestaltung öffentlicher Feierlichkeiten waren Triebfeder für das Entstehen der neuen Hechinger Bürgergarde. Im Frühjahr 1950 entrissen beherzte Bürger, allen voran der unvergessene Vitus Mayer, die altehrwürdige Tradition der Vergessenheit und stellten einen Spielmannszug auf.

Die Historische Bürgergarde Hechingen wurde am 22. Juni 1951 als Verein mit Spielmanns- und Gardistenzug wieder gegründet!

Die Uniformierung lehnt sich dabei an die Vorbilder der alten Bürgergarde und des früheren fürstlich-hohenzollerischen Militärs an.

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